Singen statt Ermahnen

"Zieh doch bitte dein Jacke an", singt Renate Hilgendorf-Warnecke jetzt in den Flur der Kita Arche Noah in Heisede hinein. In ihrem Arbeitsalltag sitzen, liegen, stehen und klettern dort 25 Kinder auf Böden, Bänken, Wänden, Schultern.

Die Erzieherin ist Teilnehmerin des viertägigen Fortbildungsprogramms Lalelu-JA! des Evangelischen Chorverbands Niedersachsen-Bremen, das jetzt an den Start gegangen ist. Sie kam mit der Frage, wie sie im Kitaalltag mehr singen kann. Ihre Erkenntnis: Warum nicht einfach Ansagen und Anforderungen singen? "Das ist so einfach, nimmt mir den Druck, wenn ich etwas schon mehrmals gesagt habe und die Kinder finden es witzig", sagt Renate Hilgendorf-Warnecke.

Die Landeskantorin des Chorverbands Niedersachsen-Bremen, Majka Wiechelt, organisiert und verantwortet das Fortbildungsprogramm, das auf das Singen mit Kindern von 0 bis 6 Jahren spezialisiert ist. "Kleine Kinder brauchen eine andere Anleitung als Erwachsene", erklärt die Kirchenmusikerin. "Leider ist es oft so, dass die Erzieher:innen zu tief mit den Kindern singen. Der Stimmumfang der Kinder bewegt sich in viel höheren Lagen und sie fangen dann an zu brummen, um in die Tonlage der Erwachsenen zu kommen. Das ist kontraproduktiv für die Entwicklung der kindlichen Singstimme", so die Landeskantorin weiter.

Singen für das Wir-Gefühl

"Aber nicht zu hoch!" Diesen Ausruf hat Renate Hilgendorf-Warnecke hat schon oft von Kolleg:innen gehört, wenn sie die ersten Akkorde auf ihrer Gitarre anstimmte, um mit den Kindern zu singen. "Während der Lalelu-JA!-Fortbildung habe ich gelernt, dass wir Erzieherinnen gerade hoch singen müssen", so Renate Hilgendorf-Warnecke.

Sie bedauert, dass das Singen im Kitaalltag oft zu kurz kommt. Sie vermutet, dass sich viele Erzieher:innen nicht trauen oder es von zu Hause schlicht nicht kennen. Aber auch fehlendes Personal oder die Gruppengrößen könnten Hindernisse sein. Dabei hat Renate Hilgendorf-Warnecke beobachtet, wie gemeinsames Singen die Kinder verbindet, z. B. wenn sie ein Geburtstagslied singen. Und wie lange die Lieder nachwirken. "Manche Kinder singen im Morgenkreis nicht mit, aber Tage später sprechen mich die Eltern der Kinder auf die Lieder an, die es zu Hause singt." Diese Beobachtungen bestärken die Erzieherin darin, das Singen ernst zu nehmen.

Auch Wiebke Schulz-Wackerbarth hat an dem Auftakt der Lalelu-JA!-Fortbildungsreihe teilgenommen. Die Archäologin und junge Mutter aus Algermissen, bietet seit einigen Wochen Musikkurse an. "Es gibt hier kein musikalisches Angebot für Kinder und dann habe ich mich gefragt, warum ich es nicht einfach selbst mache." Zwei Mal die Woche singt sie jetzt mit Vier- bis Sechsjährigen, leitet Singspiele an oder bringt Glockenspiele, Zimbeln und Trommeln zum Klingen. Die Fortbildung gebe ihr Sicherheit hinsichtlich einer gesunden Tonhöhe. Darüber hinaus konnte sich Wiebke Schulz-Wackerbarth ein Fundus am Liedern aufbauen.

Passend zur Fortbildung hat Majka Wiechelt gemeinsam mit drei Kolleginnen das Liederbuch Lalelu-JA! herausgegeben. Es umfasst 133 Lieder, die hinsichtlich Tonhöhe und Struktur der Melodien, die Entwicklung der kindlichen Singstimme berücksichtigen. Mehr als die Hälfte der Lieder hat christliche Bezüge. "Sie eröffnen spielerisch und entwicklungsgerecht den Raum für religiöse Inhalte und spirituelle Erfahrungen im Kita-Alltag", so Majka Wiechelt, die Mit-Autorin des Liederbuches ist.

Professionelle Audioaufnahmen, die auf dem Youtube-Kanal Lalelu-JA! abgespielt werden können flankieren das Liederbuch.

Und die Botschaft, die der Initiatorin Majka Wiechelt am meisten am Herzen liegt? "Zusammen lachen und lernen, atmen und singen, stärkt das Wohlbefinden und regt zum freudigen Singen mit den Kindern an."

Inhalte der Fortbildung

• Die eigene Singstimme neu entdecken.
• Kenntnisse der Kinderstimmbildung und der Didaktik des Singens mit Kindern von 0 – 6 Jahren erwerben.
• Grundlegende Kompetenzen im Umgang mit Musik spielerisch erfahren.
• Umfangreichen Liederschatz für den Kita-Alltag und z. B. die Gottesdienstgestaltung gewinnen.
• Vielseitige Möglichkeiten der Liedeinführung und der Gestaltung von bekanntem Liedgut kennenlernen.