Im Gespräch
Vor welchen Herausforderungen steht die Kirchenmusik?
Tim Löhrs: In einem offenen Brief beschreibt die Rektorenkonferenz der staatlichen deutschen Musikhochschulen über die Zukunft der Kirchenmusik und der kirchlichen Musikhochschulen, ein recht ernüchterndes Bild. Neben den zu erwartenden Umstrukturierungs- und Kürzungsmaßnahmen auf allen kirchlichen Ebenen gilt vor allem die „Verunsicherung in der jungen Generation, ob die Kirche noch eine zuverlässige Arbeitgeberin sein kann“ als große Herausforderung. Ich verstehe diese Sorge durchaus, bin aber gleichzeitig vom Schatz und den Möglichkeiten der Kirchenmusik überzeugt und möchte gemeinsam mit allen, die in der Kirchenmusikausbildung tätig sind, eine zukunftssichere und nachhaltige Ausbildungsstruktur schaffen. Damit vom ersten Kontakt im Kinderchor oder der Jungbläsergruppe über den Orgel- oder Bandunterricht hin zum Kirchenmusikstudium die Vielfalt der Kirchenmusik für alle, ob Ehren-, Neben- oder Hauptamt, sichtbar und erlebbar wird und bleibt!
Warum ist es an der Zeit, die Ausbildungen im Bereich der Kirchenmusik zu erneuern?
Tim Löhrs: Das Ausbildungssystem benötigt ein kleines Update: die Struktur beziehungsweise der Zugang muss zeitgemäßer, übersichtlicher und flexibler gestaltet werden. Inhaltlich, aber vor allem in der Methodik bzw. Vermittlung (Kompaktphasen; hybride Lernformate; modulares Ausbildungssystem) sollte die Ausbildung vielfältiger und ansprechender werden. Dafür braucht es Zusammenarbeit, gebündelte Ressourcen und die geballte Kompetenz der gesamten Kirchenmusik.
Welches Potenzial steckt in einem Ausbildungssystem, das musikalisch genreübergreifend ist?
Tim Löhrs: Wir wollen die Gemeinsamkeiten der einzelnen Genres hervorheben, um der Kirchenmusik mehr Strahlkraft und Aufmerksamkeit zu verleihen. Die Ausbildungsangebote müssen in der Fläche sichtbarer werden, um den ersten Kontakt und möglichen Ausbildungseinstieg noch einfacher zu ermöglichen. Darüber hinaus können wir durch eine engere Vernetzung noch mehr voneinander lernen und unsere jeweiligen Kompetenzen für die Ausbildung entsprechend wirkungsvoller einsetzen.
Verwässert eine genreübergreifende Ausbildung nicht die Qualität der Ausbildung?
Tim Löhrs: Bei der Umstrukturierung der Ausbildung werden wir genau abstimmen, welche Schritte wir gemeinsam gehen können und ab wann die inhaltlichen (Lern-)Wege fachspezifisch getrennt werden müssen, damit die Qualität der einzelnen Spaten gewährleistet bleibt. Auch wenn einzelne Wegabschnitte nicht gemeinsam mit allen Genres gegangen werden können sollen die Route, das Ziel und die Ausrüstung für den neuen gemeinsamen Weg für alle gleichermaßen gelten: eine Übergeordnete Struktur (modulares System) sowie engere Vernetzung der Angebote.
Warum müssen sich auch die Ausbildungsformate für Bläser:innen verändern?
Tim Löhrs: Die Herausforderungen für die (oft) ehrenamtlichen Ausbildenden werden immer größer beziehungsweise verschärfen sich. Dementsprechend müssen die Formate stets überprüft, angepasst und eventuell überholt werden. Aber auch neue Impulse sollen ausprobiert werden: die Unterstützung der Ausbildenden durch spezielle Weiter- und Fortbildungsangebote ist dabei ein wichtiger Aspekt. Des Weiteren ist insgesamt ein Rückgang der jungen Anfänger:innen auf den Seminaren des Posaunenwerks zu bemerken, weshalb wir hier ebenfalls mit Schwung (durch diese Stellenanteile) und neuen Anregungen die Jungbläsergewinnung und Ausbildung anschieben möchten.